CRESCENDOS BAAR
Die Guggenmusig Crescendos wurde im Jahr 1988 gegründet. Der Verein ist in Baar domiziliert und wird seit 2017 von Rahel Canonica präsidiert. Um die musikalischen Geschicke kümmerte sich die letzen fünf Jahre Simon Rosenberg. Ab dem Vereinsjahr 2018/2019 wird dieser wichtige Part von Ruth Andermatt und Corinne Schumpf übernommen.
Ein Bericht vom ehemaligen Mitglied und Gründungsmitglied Marcel Eichler anlässlich des 30 jährigen Jubiläums.
Es war einmal…
1986 – Ein fasnächtlicher Samen steckte in der Erde und wartete ungeduldig auf die fürsorgliche Pflege von sechs mit dem Fasnachtsvirus infizierten Kindern. Die geeigneten Bedingungen, um den Keimungsprozess starten zu können, waren gegeben: Das Grundhandwerk sowie auch den Virus, um den Samen fürsorglich zu pflegen, bekamen die fasnachtsbegeisterten Jungs vor allem von ihren Eltern, die zu diesem Zeitpunkt in den Guggenmusiken Fidelios und Heureka mitgewirkt hatten oder noch immer mitwirken. So brachte eine gute Idee und die entsprechende Motivation die Hülle des Samens zum Aufbrechen und eine junge Pflanze wuchs heran. Ein Name für das Gewächs war schnell gefunden: Die Zusammensetzung der beiden Guggenmusiknamen Heureka und Fidelios ergab ganz einfach den Namen Heurefide.
René Gysi (Horn), Andreas Gysi (Klarinette), Reto Hawlin (Klarinette), Stefan Teucher (Trommel), Daniel Hufschmid (Klarinette) und ich, Marcel Eichler (Trompete) zogen so an der Fasnacht von Restaurant zu Restaurant. Während fünf Tagen beglückten wir die unzähligen Beizen und Restaurants der Baarer Fasnachts-Metropole mit unserem wunderbaren Sound.
Kaum vorstellbar, aber für uns Kinder war Baar damals riesig und die Restaurants konnte man nicht an zwei Händen abzählen. Keine Gaststube liessen wir aus und spielten jeden Tag unserem Publikum die gleichen fünf Stücke vor. Dazu gehörten «Ein Hut der hat drei Ecken», «der Fasimarsch», «La Paloma», «Rivers of Babylon» und «Ein Schiff wird kommen».
Dann kam der Tag, der uns aufzeigte, dass wir nicht jede Guggenmusik-Disziplin genügend geübt hatten. Unsere Probegarage war klein und lud überhaupt nicht zum Marschieren und Musizieren ein. So versuchten wir das erste Mal auf einer Strasse zu laufen und unsere kakophonischen Klänge ins Publikum zu schmettern. Doch das kam irgendwie anders, als wir es von den vergangenen Jahren, uns klammernd am Hosenbein unserer Eltern, gewohnt waren. Die Unterstützung der Erwachsenen fehlte an allen Ecken und Enden. So blieben unsere Töne vor dem gewaltigen Publikumsaufmarsch gehemmt in unseren Instrumentenhälsen stecken. Nicht ein einziger Ton wagte es, aus den Trichtern hervor zu purzeln und über den Köpfen der schaulustigen Menge zu tanzen. Hingegen legte sich ein Murmelteppich über unser bezauberndes, rot glänzendes Marienkäfer-Sujet, da wir viel lieber miteinander diskutierten, was wir denn spielen könnten.
Eine gute Verwurzelung in der Erde war noch nicht geschafft. Auch in dem darauffolgenden Jahr noch nicht. So betitelten wir uns schon bald als Gässlischliicher und nicht mehr als Heurefide. Die Unsicherheit in der grossen weiten Guggenmusikwelt prägte zu diesem Zeitpunkt unser Guggenmusik-Dasein.
Doch mit ein wenig Dünger durch die Aufnahme von neuen Mitgliedern begann die Pflanze Heurefide langsam zu gedeihen. Diese stammten nicht mehr von der Urpflanze Fidelios und Heureka ab. Darum suchten wir umgehend einen neuen Namen und bestritten die Fasnacht 1987 als Guggenmusik Tiramisu.
Na ja! Der Name war nicht wirklich der Burner. Wir waren uns einig, dass für die Fasnacht 1988 ein neuer Name gesucht werden musste. Bis zum ersten Fasnachtstag konnten wir uns noch nicht entscheiden und blieben dem italienischen Dessert treu. Klar war, dass unser Musikname auch etwas mit Musik zu tun haben sollte. Bei einem kurzen Zwischenstopp zuhause trug ich unsere Vorstellungen meinen Eltern vor. Einen kurzen Moment später stellte mein Vater den Begriff «Crescendo» in den Raum. Er erklärte mir, dass dieser musikalische Begriff doch wunderbar zu uns passen würde. «Crescendo», heranwachsen, grösser werden.
Neben dem musikalischen Aspekt passte der Name wirklich sehr gut zu uns. Nicht nur in Bezug auf die Neumitglieder, sondern auch in Bezug auf unseren Reifungsprozess.
Mit der neuen Idee im Gepäck traf ich meine Guggenmusik Kollegen für einen weiteren Fasnachtsabend vor dem Restaurant Freihof in Baar und stellte ihnen den Namen vor. Wir waren uns sofort einig: Crescendo, das passt! Doch Moment! Da fehlte etwas! Fidelios, Minifodrios, Los Eiblos, …ein «S». Natürlich, da musste als Baarer Guggenmusik unbedingt noch ein «S» hin. So geschah es. Die noch immer kleine Pflanze bekam den neuen Namen CRESCENDOS.
Unser erstes offizielles Crescendos Kostüm kauften wir ab der Stange in Luzern. Elf Kostüme zum Thema «Blau – Rot» schleppten wir nach Baar. Es war nicht wirklich schön und wir beschlossen, ab sofort alle Kostüme selber zu nähen. Darauf folgten «Der Grasgümper» und zum fünfjährigen Bestehen «Der Ölscheich». Das Jubiläum brachte einige Neuerungen mit sich. Wir bauten einen Wagen, der vor der Musik fuhr, und Masken. Die Maskenform des Ölscheichs bekamen wir von den Rotsee-Husaren aus Luzern. Mit fünfundzwanzig Nasen und orientalischen Klängen feierten wir das fünfjährige Bestehen.
Die beiden Neuerungen begleiteten unser fasnächtlerisches Treiben weiterhin. Im Jahr 1994 erschreckte ein auf einem Wagen aufgebautes Seeungeheuer mit unglaublich schönen Kusslippen die Zuschauer am Strassenrand. Mächtige Federbüsche thronten auf unseren vierzig Seemonster Grinden. An der Grindentradition hielten wir auch weiterhin fest, während der Aufwand mit dem Wagen zu gross wurde. Dafür engagierten wir uns an der Fasnacht Baar mit unserem eigenen Ball, damals noch am Fasnachtsdienstag, und mit einem musikalischen Leckerbissen, der Liveband «The Lions».
Eine wunderbare Freundschaft, auch unter dem Jahr, mit Sommerfesten oder dem berühmten Baarer Grümpelturnier, liess die Pflanze Crescendos wachsen und sich immer breiter verwurzeln. Die Motivation wuchs mit und trieb uns zu musikalischen Höchstleistungen an. So starteten wir 1996 mit dem Thema «Venezia» am Schweizerischen Guggenmusikfestival im Tivoli in Spreitenbach und belegten dort den 15. Rang. Ok, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Im Minimum unter die ersten Zehn hätte es nach unseren Vorstellungen schon reichen sollen. So versuchten wir ein Jahr darauf unser Glück mit dem Thema «Eisvogel». Eine perfekt einstudierte Show war bereit, die wir der kritischen Jury im Tivoli präsentieren wollten. Für diesen Auftritt schreinerten wir sogar kleine Bänke, um musikalisch überzeugen zu können. Nur hatten wir bei unseren Proben etwas mehr Platz auf der Bühne gehabt: Die langen Schnäbel der Eisvogelmasken verkeilten sich während dem so lange einstudierten Auftritt vor der Jury am Guggenmusikfestival. Die hinterste Reihe konnte nicht einmal mitspielen und fiel während den zunehmend abnehmenden Klängen von den Bänken. Der Frust war perfekt. Die Stimmung drängte uns zur vorzeitigen Abfahrt. Doch der Reisebus fuhr erst zu später Stunde. So wohnten wir, gezwungenermassen, der Rangverkündung bei.
«Auf dem 4. Rang eine Guggenmusik aus dem Kanton Zug!»
Klar! Die Guggenmusik Tartarugas mit ihrem sensationellen Jokerkostüm würde diesen Rang einfahren. Doch zur Verwunderung der Zuger Guggenmusiker tönte es aus dem Lautsprecher: «Die Guggenmusik Crescendos aus Baar!!!»
Einen schöneren Zusammenhalt im Freudentaumel hatte ich in meinem Guggenmusik-Dasein selten erlebt. Doch die Freude wuchs noch weiter an: Die Tartarugas belegte Rang 3. Der Baarer Fasnachtssound hatte überzeugt und liess die beiden Baarer Guggenmusiken während einer Nacht zu einer Musik zusammenschweissen. So zogen wir gemeinsam als Grossguggenmusik in Baar ein und feierten unseren hart erarbeiteten Erfolg.
Sicher gäbe es noch viele kleine und grössere Episoden aus der 30-jährigen Geschichte der Crescendos zu erzählen. Doch der schönste Teil der Geschichte, der mich als Gründungs- und Ehrenmitglied stolz macht, ist, dass die Pflanze Crescendos bis heute durch Tiefs und Höhen immer weiterwuchs und prächtig gedieh. Ihre Wurzeln sind in der Baarer Erde stark verankert und sie ist nicht mehr wegzudenken.
Marcel Eichler